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Deutscher M&A-Markt 2019

Viele Trans­aktionen, wenig Volumen

Brexit, Handelskonflikt zwischen USA und China, steigende geopolitische Risiken sowie schwächere Wirtschaftsprognosen waren einige der prägenden Faktoren des M&A-Jahres 2019.

Darüber, ob und inwieweit diese Themen Einfluss auf das M&A-Geschehen in Deutschland hatten, gibt der im Februar veröffentlichte German M&A Market Report von Oaklins Aufschluss.

 

Transaktionsvolumen auf dem deutschen M&A-Markt in Milliarden Euro (Quelle: Oaklins)

Kein Jahr der Mega-Deals

Beim Blick in die Glaskugel glaubten viele Experten, für 2019 einen signifikanten Einbruch der M&A-Aktivitäten zu sehen. Die negativen Prophezeiungen erfüllten sich jedoch nicht. Verglichen mit 2018 betrug der Rückgang an angekündigten Transaktionen mit deutscher Beteiligung gerade einmal 3,4 %. Was fehlte waren allerdings große Megaübernahmen. Während sich das Segment für Small- und Mid-Market-Transaktionen relativ stabil zeigte, hat sich die Anzahl der Mega-Deals deutlich verringert. Tatsächlich gab es 2019 nicht eine einzige Transaktion mit deutscher Beteiligung, die einen Transaktionswert von mehr als 10 Mrd. € aufweisen konnte. Größte Einzeltransaktion des vergangenen Jahres war mit einem Kaufpreis von 8,3 Mrd. die Übernahme der Cypress Semiconductor Corpoation durch die deutsche Infineon Technologies.

Das Ausbleiben der Mega-Deals hatte natürlich deutliche Auswirkungen auf das Volumen. Wurde 2018 noch ein aggregiertes Transaktionsvolumen von 255 Mrd. € erzielt, betrug es 2019 nur noch 140 Mrd. €, was einen Rückgang um etwa 45 % bedeutet. Gestiegen ist hingegen die Anzahl von Joint Ventures und strategischen Kooperationsvereinbarungen, was als ein klares Indiz für die Risikominderung in einem zunehmend unsicheren wirtschaftlichen Umfeld gesehen werden kann.

Deutsche Unternehmen bleiben international begehrt

Während die Zahl der innerdeutschen M&A-Transaktionen gegenüber 2018 um 5,3 zurückgegangen ist, fiel der Rückgang der grenzüberschreitenden Deals mit einem Minus von 1,7 % marginal aus. Aktivste Käufernation auf dem deutschen M&A-Markt blieb wie in den Vorjahren die USA. Darüber hinaus waren deutsche Ziele besonders bei Investoren aus Frankreich, der Schweiz, Großbritannien und den Niederlanden beliebt. Chinesische Investoren erwarben Anteile an 29 deutschen Unternehmen, wobei der Fokus vor allen Dingen auf dem Maschinenbau-, dem Automobil sowie dem Bausektor gerichtet war. Bemerkenswert ist zudem, dass 17 % der chinesischen Ankäufe, angeschlagene oder bereits insolvente Unternehmen mit einem attraktiven Produktportfolio oder einem Kundenzugang in Europa waren. Obwohl die Investitionen in kriselnde Unternehmen sich positiv auf die lokalen Arbeitsmärkte auswirken, gibt es zunehmende Vorbehalte deutscher und auch europäischer Behörden, chinesisch-deutsche Transaktionen in sensible High-Tech-Bereiche zu genehmigen.

Erste Zielnation für M&A-Transaktionen deutscher Unternehmen im Ausland waren mit 89 Deals die USA. Dahinter folgen Großbritannien (63), die Niederlande (37), Frankreich (37) und Österreich (35). Obwohl Großbritannien einen der Spitzenplätze in der Rangliste einnimmt, geht die Zahl der angekündigten Akquisitionen immer weiter zurück. Nachdem 2018 bereits ein Rückgang von 16 % verzeichnet wurde, beträgt das Minus für 2019 nunmehr 13%. Diese Entwicklung ist eindeutig auf die in hohem Maße entstandene Unsicherheit über die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen zum Vereinigten Königreich nach dem Brexit zurückzuführen.

 

Deutscher M&A Markt 2019: Inbound und Outbound (Quelle: Transactions announced in Mergermarket, Zephyr and Majunke until 6th of Dec 2019)

Investitionsdruck für Finanzinvestoren bleibt bestehen

Die starken Aktivitäten von Private-Equity-Investoren gingen auch 2019 ungebremst weiter. An jeder vierten M&A-Transaktion in Deutschland war ein Finanzinvestor beteiligt, wobei fünfmal so viele Akquisitionen (520) getätigt wurden wie Exits (97). Gegenüber 2018 verringerte sich die Anzahl der Exits zudem um rund 28 %. Dies belegt den Trend, das Finanzinvestoren Buy-and-Build-Stratgien verfolgen.

Während die Akquisitionen zwischen zwei deutschen Partnern (Inland) um 6,6 % zunahmen und die Hälfte aller Private-Equity-Käufe ausmachten, stiegen die Übernahmen ausländischer Private-Equity-Investoren (Inbound) um 26,8 % auf 175 Deals. Auf der anderen Seite waren deutsche Private-Equity-Investoren bei ausländischen Zielen vorsichtiger und kündigten nur 85 Übernahmen an (-35 %).

Der Hauptgrund für die anhaltend hohe Aktivität von Private-Equity-Investoren ist die anhaltend expansive Geldpolitik, die mit niedrigen Zinssätzen verbunden ist und für Investitionsdruck sorgt.

 

Aktivitäten der der Finanzinvestoren auf dem deutschen M&A Markt 2019 (Quelle: Transactions announced in Mergermarket, Zephyr and Majunke until 6th of Dec 2019)

Aktivste Branchen

Beim Blick auf das Branchenranking zeigt sich, dass die Aktivitäten 2019 besonders von den Sektoren Dienstleistung und Informationstechnologie ausgingen. Insgesamt zeigten sich die beiden Bereiche für 26 % aller M&A Transaktionen in Deutschland verantwortlich. Dahinter folgt der Sektor Gesundheitswesen / Pharma, der als einziger der Top-3-Branchen eine größere Dealanzahl (+ 8,2 %) gegenüber dem Vorjahr verzeichnet, was besonders auf das gestiegene Interesse von Private Equity Investoren zurückzuführen ist.

 

Dealanzahl einzelner Branchen auf dem deutschen M&A Markt in den Jahren 2018 und 2019 (Quelle: Transactions announced in Mergermarket, Zephyr and Majunke until 6th of Dec 2019)

Empfehlungen für den Unternehmensverkauf

Ausgehend vom ungewöhnlich hohen Preisniveau, das zum Ende des dritten Quartals erreicht wurde, müssen in vielen Branchen die Preisvorstellungen mittlerweile zurückgeschraubt werden. Zu den Ausnahmen gehören unter anderem die Bewertungen von spezialisierten High-Tech-Firmen, Softwareanbietern sowie Gesundheits- und Pharmaunternehmen.

Wer den bestmöglichen Preis für sein Unternehmen erzielen möchte, sollte zuvor seine Hausaufgaben machen. Da viele der potenziellen Investoren immer vorsichtiger agieren, ist es eine gute Empfehlung für den Verkäufer, seinen Datenraum gut vorzubereiten und einen detaillierten Geschäftsplan für die kommenden Jahre zu entwickeln. Beides verringert die Informationsasymmetrie, beschleunigt den M&A-Prozess und führt letztlich zu einem höheren Transaktionserfolg.

Prognose für 2020

Es ist zu erwarten, dass die Komplexität zunimmt und die Anforderungen an die Marktteilnehmer größer werden. Die wichtigsten Treiber werden die fortschreitende Digitalisierung sowie das Verbraucherverhalten sein. „Ich erwarte 2020 ein M&A-Geschäft auf dem hohen Niveau von 2019.“, prognostizierte Dr. Florian von Alten, Managing Partner von Oaklins in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30. Dezember 2019.

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