Es könnte genug für alle sein

Innova­tionen in der Lebens­mittel­wirtschaft

2050 sollen knapp 10 Milliarden Menschen auf der Welt leben, eine gewaltige Zahl und rund ein Drittel mehr als heute. Parallel steigt der Fleischkonsum. Getrieben durch den zunehmenden Wohlstand in den Entwicklungsländern, wird er bis 2030 um 20 % auf über 50 Kilogramm pro Kopf und Jahr wachsen. Das ist problematisch. Schließlich werden zum Beispiel für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch sieben Kilogramm Futtermittel sowie 15.000 Liter Wasser eingesetzt. Was also tun, um nicht sehenden Auges in die Katastrophe zu laufen? Diverse Unternehmen arbeiten an innovativen Ansätzen. Sie werden zunehmend von Venture-Capital-Gebern unterstützt.

Sind Insekten die Alternative der Zukunft?

Fleischwaren sind wichtige Proteinlieferanten. Möchte man den Fleischkonsum reduzieren, muss man Substitute anbieten können. Eine wichtiger werdende Eiweißquelle sind Insekten. Laut der UN haben sie mehrere Vorteile: Sie benötigen nur ein Sechstel des Futters, das Rinder zur Produktion der gleichen Proteinmenge verzehren. Ferner können sie auf kleiner Fläche und unter geringem Energieeinsatz gezüchtet werden. Aufgrund der Skepsis vieler Konsumenten werden Insekten heute vor allem zur Ernährung von Mast- und Haustieren verwendet. Insgesamt wächst die Aufmerksamkeit für diesen Bereich aber rasch. So erhielt beispielsweise im Februar 2019 die französische Firma Ynsect 125 Millionen US$ von Venture-Capital-Gebern. Das Geld wird für die Errichtung der weltgrößten Insektenfarm verwendet, in der über 20.000 Tonnen Insektenprotein pro Jahr hergestellt werden sollen.

Anleger interessieren sich für innovative Ersatzprodukte

Fleischlose Substitute müssen ein gleichwertiges Konsumerlebnis versprechen, um erfolgreich zu sein. Sie müssen wie Fleisch riechen, schmecken und aussehen. Vorreiter in dieser Hinsicht ist Impossible Foods. Die Entdeckung von Häm, einem eisenreichen Molekül aus tierischen Proteinen, hat es den Amerikanern ermöglicht, einen fleischartigen Geschmack in pflanzlichen Produkten zu replizieren. Impossible Foods produziert heute Burger-Pattys, die an die gehobene Gastronomie vertrieben werden. Die Firma ist aber auf dem Weg, ein Massenprodukt herzustellen. Hierbei soll die letzte Funding-Runde von 114 Millionen US$ helfen. Das Geld soll insbesondere zum Aufbau von Produktionskapazitäten sowie zur Erschließung des asiatischen Marktes dienen. Insgesamt hat Impossible Foods jetzt fast 400 Millionen US$ von Investoren wie zum Beispiel Temasek Holdings erhalten.

Hochregallager statt Feldanbau

Indoor Vertical Farming bietet eine Alternative zur konventionellen Agrarwirtschaft, die flächenintensiv ist und große Mengen Wasser, Dünger und Pestizide einsetzt. In einem abgeschirmten, kontrollierten und automatisierten Prozess werden Obst und Gemüse in einer Art Hochregallager produziert. Da kein Wasser verdunstet oder versickert und die Bewässerung intelligent gesteuert wird, ist nur 1 % des Wasservolumens der konventionellen Landwirtschaft erforderlich. Durch die vertikale Anbau- weise wird auf der gleichen Grundfläche ein bis zu 350-facher Ertrag erzielt. Viele Investoren, wie zum Beispiel Amazons Jeff Bezos oder Softbanks Vision Fund, glauben an dieses Modell. Sie waren 2017 bereit, rund 200 Millionen US$ in das amerikanische Unternehmen Plenty zu investieren. Das Investment soll zur weiteren Optimierung der Produktionsprozesse sowie zur Errichtung von neuen Farmen, unter anderem im Nahen Osten und in Asien, dienen.

Wir brauchen Innovationen in der Lebensmittelwirtschaft. Nur so können wir Hungersnöte und Umweltkatastrophen langfristig verhindern. Gleichzeitig kann die höhere Effizienz einen enormen Markt schaffen. So würde nicht nur die Rendite stimmen. Es wäre auch genug für alle da.