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Oaklins Voice from China

Effekte der Pandemie auf die chinesische Wirtschaft und das M&A-Geschäft

Der Coronavirus hat die Welt im Griff. Begonnen hat die Pandemie vor einigen Monaten in der Provinz Hubei in China. Mittlerweile scheint sich im Reich der Mitte nach wochenlangem Stillstand auch als erstes die Lage wieder etwas zu normalisieren.

Angela Chen ist Leiterin des Oaklins-Büros in Shanghai. In der aktuellen Ausgabe der Oaklins Voice from China erzählt sie, welche Folgen die Corona-Krise auf die chinesische Wirtschaft und den dortigen M&A-Markt hatte.

Schon 2019 war zweifelsohne ein schwieriges Jahr für China. Der Handelskrieg mit den USA beeinträchtigte die Wirtschaft des Landes nicht unerheblich und die Massenproteste in Hongkong hatten massive Spannungen mit der Zentralregierung zur Folge. Der Ausbruch des Coronavirus zum Jahresbeginn 2020 überschattete diese Ereignisse jedoch total.
Mittlerweile flammt in China allerdings verhaltener Optimismus auf. So wird erhofft, dass die chinesische Regierung es schafft, den Ausbruch binnen sechs Monaten einzudämmen. In diesem Fall wird laut Angela Chen erwartet, dass sich die Nachfrage erholt und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen sich im kommenden Jahr umkehren werden. Ein ähnliches Szenario gab es bereits nach dem SARS-Ausbruch im Jahr 2003.

Konsens besteht derzeit darüber, dass sich durch Corona das Wachstum des chinesischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) im ersten Quartal 2020 um rund 2 % verringert hat und für das Gesamtjahr ein Rückgang von 0,5 % zu erwarten ist. Diese Prognosen basieren allerdings lediglich auf den chinesischen Marktbedingungen. Durch positive internationale Entwicklungen könnte es besser kommen als erwartet.

 

Angela Chen, Leiterin des Oaklins-Büros in Shanghai, in der aktuellen Ausgabe der Oaklins Voice from China.

Auswirkungen für Branchen und Unternehmen

Der Ausbruch des Coronavirus hat den Groß- und Einzelhandel, das Gastronomiegewerbe sowie den Reise- und Unterhaltungssektor erheblich unter Druck gesetzt. Das sind alles Branchen, die 2019 rund 54 % des chinesischen BIP ausmachten und auf die 60 % des BIP-Wachstums entfielen.
Doch nicht für alle Branchen waren die Nachrichten so düster. Für Online-Unternehmen ergaben sich beispielsweise Möglichkeiten im Bereich Online-Bildung (Tencent Class, NetEase Cloud Classroom), Online-Konferenzsysteme (Zoom, DingTalk) und Online-Shopping (Freshippo, MissFresh). Auch Dienstleistungen und Produkte von Unternehmen der Gesundheitsbranche sind derzeit gefragt. So hat unter anderem der Bereich für medizinische Verbrauchsmaterialien von der gestiegenen Nachfrage nach Masken, Schutzbrillen und Körperanzügen profitiert.
Generell hat die Coronakrise aber in den meisten Wirtschaftszweigen zu Umstrukturierungen geführt. Während einige kleinere Unternehmen verschwanden, haben größere und fest verankerte Akteure gemeinsam mit neu entstandenen Unternehmen Markanteile gewonnen. Um die Wirtschaft zu unterstützen, hat die chinesische Regierung angekündigt, ihre Finanzpolitik für den Rest des Jahres zu lockern. Die Chinesische Volksbank hat zudem signalisiert, dass sie ihren Basiszinssatz zum ersten Mal seit 12 Jahren senken könnte. Darüber hinaus wurden eine Reihe von politischen Maßnahmen angekündigt, die darauf abzielen sollen, Kreditlinien zu erhöhen und die Finanzierungskosten zu senken.
Staatliche und private Investitionen, die vergangenes Jahr 31,2 % des BIP-Wachstums ausmachten, werden 2020 voraussichtlich eine noch größere Rolle spielen. Ein Großteil der Investitionen wird sich dabei auf eine neue Form der Infrastruktur konzentrieren. Hierzu gehören 5G-Stationen, Smart City, öffentliche Einrichtungen sowie die Stadtsanierung.

Chinesische M&A-Aktivitäten in Zeiten von Corona

Angesichts der globalen Konjunkturabschwächung geht der Bericht von Angela Chen davon aus, dass die Auslandsinvestitionen weiter sinken werden. Ausnahmen stellen große finanzkräftige chinesische Unternehmen dar, die versuchen, die Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern und sich neuen industriellen Mustern anzupassen. Einige von diesen Firmen suchen auch deshalb stark nach Optionen im Ausland, weil sie ihre Produktionskosten senken möchten.
Obwohl sich die Outbound-Investitionen verlangsamen, ist das Interesse ausländischer multinationaler Unternehmen an Inbound-Akquisitionen in China weiter groß, um so die Präsenz auf dem chinesischen Markt auszubauen. Angesicht eines riesigen und wachsenden Verbrauchermarktes wird seitens dieser Firmen erkannt, dass sich die Geschäftsbedingungen für internationale Investoren immer weiter verbessern. Viele von ihnen erwarten einen Aufschwung und bereiten sich darauf vor loszulegen, sobald die Auswirkungen der Corona-Krise nachlassen. Allerdings gibt es aufgrund des verschärften lokalen Wettbewerbs und der steigenden Arbeitskosten auch zahlreiche internationale Akteure, die bereits seit Jahren in China aktiv sind und nun versuchen, den Markt zu verlassen.

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