Geschäftsmodelle der Zukunft bei der Beschaffung von Produktionsmaschinen
Bei der Anschaffung von Produktionsmaschinen standen einem Unternehmer in der Vergangenheit zwei Möglichkeiten zur Auswahl: die sofortige Bezahlung oder die Finanzierung – sei es über die Hausbank oder den jeweiligen Hersteller. Im Laufe der Zeit haben bankenunabhängige Finanzierungspartner die Auswahl an Finanzierungsmöglichkeiten erweitert. So hat beispielsweise das Leasing von Maschinen immer mehr an Bedeutung gewonnen.
Heute hat die Entwicklung der Industrie 4.0 und die Einführung des Internet of Things (IoT) Auswirkungen auf sämtliche Wirtschaftszweige, von der Produktion über das Gesundheitswesen und die Förderung von Rohstoffen bis hin zum Einzelhandel. Im Zuge der Digitalisierung entstehen neue Lösungen, bei der das Industrial Internet of Things (IIoT) mit physischen Produkten (= Maschinen) und digitalen Services zu hybriden, effizienten Geschäftsmodellen zusammenkommen. So bieten seit jüngster Zeit immer mehr Hersteller für Maschinen und maschinellen Anlagen Equipment-as-a-Service (EaaS) und/oder Pay-Per-Use (PPU) an. Die Hersteller stehen vor der Herausforderung, dass sich ihr bisheriges Geschäftsmodell von der reinen Herstellung bzw. Produktion im Zuge der Digitalisierung wandeln bzw. erweitern muss, und zwar hin zum Hersteller mit angeschlossener Dienstleistung, also einem serviceorientierten Geschäftsmodell.
Diese Entwicklung haben beispielsweise Hersteller von Kopiergeräten bereits seit vielen Jahren erfolgreich hinter sich. Wurden anfangs lediglich Kopiergeräte verkauft, werden diese heute in der Regel nur noch im Abo-Modell gemietet bzw. bereitgestellt und der entsprechende Verbrauch abgerechnet. Bei Kopiergeräten ist das Geschäftsmodell somit inzwischen etabliert und vertraut, wohingegen Maschinenhersteller erst noch am Anfang dieses Wandels stehen.
Equipment-as-a-Service (EaaS)
Equipment-as-a-Service (EaaS) beschreibt das Verfahren, bei dem Produktionssysteme oder Maschinen nicht verkauft, sondern von einem Anbieter oder Hersteller gegen eine Gebühr bereitgestellt werden. Der EaaS Anbieter bleibt für Wartung, Service, Reparaturen und Ersatzteile verantwortlich. Er kann aufgrund der intelligenten Datenverarbeitung sogar eine Verfügbarkeit garantieren. Der Endkunde spart erhebliche Investitionsausgaben und gibt Teile des operativen Risikos so an den Anbieter weiter.
Ein großer Vorteil des EaaS Modells besteht darin, dass Kunden keine großen Summen mehr in Vermögenswerte investieren müssen, die ab Kaufdatum konstant an Wert verlieren. Anstelle von hohen Investitionsausgaben fallen mittel- oder langfristige Abo-Modelle oder ein Pay-Per-Use-Vertriebsmodell als Betriebskosten an. Das reduziert die Geschäftsrisiken, verbessert den Cashflow und steigert die Produktivität. Da Wartung und Service vollständig durch den EaaS-Anbieter abgedeckt sind, werden die Betriebsabläufe effizienter. Kunden vermeiden Löcher im Budget, die durch Reparaturkosten, Produktionsausfallzeiten und mögliche Verzögerungen bei der Auslieferung entstehen.
Pay-Per-Use (PPU)
Beim Pay-Per-Use Modell stellt der Maschinenhersteller dem Kunden eine Maschine zur Verfügung. Im Gegensatz zum Equipment-as-a-Service Modell wird hierbei allerdings nicht die Mietperiode mit den entsprechenden zusätzlichen Services für die Maschine abgerechnet, sondern wie viel die Maschine tatsächlich genutzt wird. Die Nutzung kann dabei auf unterschiedliche Art und Weise gemessen werden, wie z. B. Nutzungsdauer, Verbrauch von Material, Anzahl der hergestellten Produkte, Wiederholungen von Arbeitsschritten der Maschine, etc. Dies muss mit dem jeweiligen Dienstleister verhandelt werden. Zusätzliche Serviceleistungen wie beim EaaS-Modell sind hingegen nicht automatisch Bestandteil eines Vertrags.
Vorteile
Der größte Vorteil für Hersteller von Maschinen ist die erwähnte Konjunktur-Unabhängigkeit. Während der Verkauf von Equipment in wirtschaftlichen Hochphasen mit ansteigt, sinkt er genauso schnell, wenn die wirtschaftliche Lage angespannter ist und Kunden wenig bis kaum Budget für größere Anschaffungen oder Investitionen haben. Abo-Modelle wie EaaS verschaffen Maschinenherstellern zwar nicht die großen Erträge, die ein Einzelverkauf bringt, erzeugen aber dafür in herausfordernden Zeiten stabile Umsätze durch regelmäßige Zahlungen. Die kleineren, regelmäßigen Zahlungen laden außerdem Kunden ein, die von größeren, einmaligen Investitionen abgeschreckt sind. Durch EaaS-Modelle kann auch die Kundenbindung wachsen, da im Gegensatz zu einer einmaligen Kaufabwicklung regelmäßiger Kundenkontakt entsteht und der Kunde so eventuell auch anderes Equipment vom Hersteller bezieht. Darüber hinaus erhält der Hersteller über die IT Schnittstelle der Maschine Zugriff auf verlässliche Daten und umfangreiche Erkenntnisse über die Kundenbedürfnisse und kann so besser auf diese reagieren.
Große Maschinenhersteller gehen sogar einen Schritt weiter und nehmen die gebrauchte Produktionsmaschine nach der ersten Finanzierungrunde zu einem garantierten Restwert zurück, um diese durch eine Neumaschine zu ersetzen. Die zurückgenommene Maschine wird nach entsprechender Überarbeitung und Instandsetzung als Gebrauchtmaschine anschließend weiterverkauft. Dadurch verlängert sich die Lebenszeit der Maschine nachhaltig.
Bei den Kunden überwiegt der Vorteil, den der Service Part bei EaaS-Modellen bietet. Ein Abo-Modell für Maschinen gibt die Möglichkeit immer das neueste Modell zu leasen und somit von den neuesten technologischen Entwicklungen zu profitieren. Abo-Modelle bieten außerdem maximale Flexibilität. Die Bedingungen der Abo-Modelle sind vielfältig und an individuelle Bedürfnisse der Kunden anpassbar, während der Kunde eine hohe Kapitalbindung umgeht. Zudem decken Anbieter von EaaS-Modellen i. d. R. auch Wartung und Service ab, sodass ein umfassender Kundenservice effiziente Betriebsabläufe ermöglicht. So sind beispielsweise Instandhaltungsmaßnahmen möglich, bevor ein absehbarer Schaden eintritt, wodurch Reparaturkosten reduziert und Ausfallzeiten verringert werden können.
Der wesentliche Vorteil eines PPU-Modells ist die flexible monatliche Rate, die ein Kunde entsprechend seiner Nutzung der Maschine zahlt. In erfolgreichen Zeiten kommt es zu einer intensiven Nutzung, sodass die flexible monatliche Rate entsprechend höher ausfällt. In Zeiten geringerer Auslastung reduziert sich die Rate entsprechend. Kommt es zum Stillstand der Maschine, muss lediglich eine geringe Grundrate gezahlt werden. So orientiert sich die flexible Rate im PPU-Modell an der tatsächlichen Unternehmensentwicklung. Damit eignet sich das PPU Modell vor allem bei schwankender Auftragslage, da die Kosten der Finanzierung stets die aktuelle Auftragslage widerspiegelt. Diese Kopplung von flexibler Rate und Unternehmensentwicklung schont die Liquidität des Unternehmens in vermeintlich schwachen Monaten, wohingegen die Flexibilität sich im Verhältnis zum beispielsweise klassischen Leasing preislich bemerkbar macht.
Herausforderungen
Nicht jeder Maschinenhersteller ist derzeit in der Lage die Herausforderungen der Digitalisierung selbst zu meistern und seine produzierten Maschinen über eine digitale Schnittstelle zu verbinden. Daher gibt es inzwischen vermehrt IoT-Provider, die diesen Bereich übernehmen. Folglich müssen gerade mittelständische Maschinenhersteller bereit sein, Partnerschaften einzugehen, um dann gemeinsam an dem Ziel zu arbeiten, die digitale Transformation erfolgreich zu bestreiten.
Der Kunde hingegen muss sich von seinem bisherigen „Besitzdenken“ verabschieden und sich lediglich auf das Ergebnis seines Produktes fokussieren. Außerdem muss er bereit sein, Daten und Informationen zukünftig zu teilen und den Mehrwert darin zu erkennen. Im Gegenzug verlangt er dafür die Garantie über die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Maschine zu jeder Zeit.
Nicht alle Maschinenhersteller und/oder IoT-Partner sind derzeit in der Lage oder bereit dem Kunden eine Produktionsmaschine zur Verfügung zu stellen und dann lediglich über den PPU-Ansatz und evtl. zusätzlichen Service (EaaS) die Herstellungskosten der Maschine über einen längeren Zeitraum zu amortisieren. Hier können bspw. bankenunabhängige Finanzierungspartner wie die NetBid Finance GmbH helfen und über Sale & Leaseback Transaktionen behilflich sein. Der OEM erhält umgehend die Liquidität aus dem Verkauf der Maschine und der Endkunde kann trotzdem die Vorteile von EaaS und/oder PPU nutzen. Nach Ablauf der Finanzierungsperiode verbleibt das Restwertrisiko entweder beim OEM (über eine Rückkaufvereinbarung) oder alternativ beim Finanzierungsinstitut.
Mitte 2022 konnte die NetBid Leaseback erstmalig sogar ein länderübergreifendes PPU-Modell umsetzen, bei dem der Vertragspartner und die Maschinen in unterschiedlichen EU-Staaten ansässig waren. Aufgrund des doppelten Auslandsbezug wollten (oder konnten) herkömmliche Kreditinstitute dieses nicht abbilden. Zusätzlich konnte mit dem Fachwissen der NetBid Industrie-Auktionen AG vor Abschluss der Finanzierung der zukünftige Restwert der Maschine nach Nutzung des PPU-Modells bestimmt werden, um für die Finanzierung das entsprechende Restwertrisiko beurteilen zu können.
Ressourcen schonen durch die Nachhaltigkeit von Maschinen
Wie bereits aufgeführt. ermöglichen die modernen EaaS- und PPU-Modelle Produktionsmaschinen einen längeren Lebenszyklus. Das wiederum führt zu einer Schonung von Ressourcen, was in der heutigen Zeit das Bestreben aller Beteiligten ist. Ob und wie schnell sich diese Modelle weiter durchsetzen, liegt sowohl an der Bereitschaft der Hersteller, weitere Angebote zu entwickeln, als auch an der notwendigen Nachfrage der Kunden. Bei den Kopiergeräten erfolgte der Wechsel auch nicht von dem einen auf den anderen Tag. Heute ist eine Rückkehr zum vorherigen Modell jedoch nicht mehr denkbar.